Corona – Gedanken aus der Quarantäne.

Irgendwie ist es ja spannend, in dieser Zeit jetzt zu leben. Etwas mitzuerleben, das es bis dato so jetzt in meinem Leben noch nicht gab. Nicht im Traum wäre mir in den Sinn gekommen, dass so eine Situation einmal real werden könnte. Aber sie ist es. Ganz real. Ich fühle mich wie eine Figur in einem globalen Sozialexperiment. Wobei es sich jetzt irgendwie schon so normalisiert hat. Arg eigentlich. Aber was ist schon normal? Heute ist der letzte Tag der sogenannten „Ausgangsbeschränkungen“. Was für ein komisches Wort. Naja.

Man hat jedenfalls viel Zeit zum Nachdenken. Ich zumindest. Durch das dauernde Ausschlafen kann ich abends noch schwerer einschlafen als eh schon und liege viel wach. Zeit zum Nachdenken übers Leben. Was will ich vom Leben eigentlich? Was passiert da gerade in der Welt?

Ich muss ja gestehen, ich finde die Zeit für uns gerade eigentlich sehr schön. Hab fast ein schlechtes Gewissen, weil ich eine scheiß Zeit gut finde. Ich mache Dinge, die ich sonst in dem Leben vermutlich nicht mehr gemacht hätte. Ich finde diese Zeit zu dritt als Familie sehr schön. Aber wir sind auch sehr privilegiert, wir haben einen Job (noch), sind gesund, haben genügend Platz zum Wohnen und ausreichend Geld für Essen und ein bisschen Spaß.

P1600851Der kleine Zwerg scheint weder Spielplätze noch andere Kinder zu vermissen (sollte mir das Sorgen machen?). Wir verbringen dadurch eigentlich noch viel bessere Zeit als sonst. Einfach im Grünen, am Wasser, im Wald, auf der Wiese. Klettern auf Bäume, beobachten Enten (und Babyenten), pflücken Blumen und Schilf, bestaunen die schönen Schwäne, sammeln Stecken und gehen schwimmen. Undsoweiter. Ist mir x Mal lieber als ein Kinderspielplatz voller Eltern, mit deren „Erziehung“ ich nicht d’accord gehe und Kinder, die einem das Ohr zudrönen. Spielplätze gehen mir gar nicht ab. Wie dem Kind. Nur leider öffnen sie schon bald wieder.

Und sonst so? Was hat Corona mit mir gemacht? Anfangs war’s das Soziale, das mir ganz arg fehlte. In erster Linie hab ich meine FreundInnen vermisst. Ich habe mit ihnen geschrieben, ein bisschen telefoniert (ich bin leider kein Telefonier-Mensch), und dann doch ein paar ur tolle Skype-Dates mit FreundInnen gehabt. Aber es wurde weniger, das anfängliche tägliche Videotelefonieren mit abwechselnd den Omas, Opas, Tanten, Onkeln, Geschwistern und FreundInnen etc., das Schreiben via diversen Kanälen, es reduzierte sich. Derzeit kommt es mir oft so vor, als würden wir so ganz in unserer Welt leben und darin versinken. Wir videotelefonieren noch immer, ich treffe FreundInnen outdoor mit Sicherheitsabstand. Aber mir kommt vor, ich war zu Beginn der Quarantäne virtuell sozialer. Ich wurde da interessanterweise ziemlich faul.

Mir gehen viele Fragen durch den Kopf. Was ist das alles für eine seltsame Zeit gerade? Wird sich Lara mit ihren knapp 3 Jahren mal dran erinnern? Wie verändert es uns? Wie verändert es die Welt? Der Kapitalismus wird ja aufgrund eines kleinen Virus leider nicht kapitulieren. Aber wir einzelne Menschen können sehr viel von dieser einzigartigen Zeit mitnehmen.

Ich selbst habe ja festgestellt, dass ich aufgrund Corona mein Leben nicht ändern werde. Da vor Jahren ein starker Veränderungsprozess eingesetzt hat, als mir so richtig bewusst wurde, dass Gesundheit, Liebe und Vertrauen das allerwichtigste im Leben sind. Das Leben ist ein andauernder Veränderungsprozess. Der Weg ist das Ziel. Ich bin schon vor langer Zeit drauf gekommen, dass ich mein Leben leben will, jeden einzelnen Tag für mich nutzen. Das tun, was mir gut tut und wovon ich profitiere. Dass ich Menschen nicht treffe, die es nicht gut meinen, die mich nicht schätzen. Dass mir egal wurde, was andere über mich denken. Dass ich mein Ding mache. Genau das dringt jetzt vielleicht in ein paar mehr Köpfe da draußen ein. Das zu schätzen, auf das es wirklich ankommt. Und was es zu schätzen gibt, ist für jedes Individuum da draußen was anderes. Für die einen ist es eine Weltreise und für die anderen stundenlang Serie schauen und Kakao trinken. Man soll den eigenen Weg gehen und sich nicht von anderen beirren lassen.

Ich genieße derzeit die viele Zeit mit meinem Kind und Freund, die ich so vielleicht nie wieder haben werde. Es ist erstaunlicherweise ein entschleunigter Alltag gerade, den ich gerne noch weiter führen würde, trotz Home Office neben Kleinkind. Aber dieser Stress in der Früh, mich selbst schnell zusammenpacken, dann Kind aufwecken, zur Betruung bringen, zum Zug hetzen (selbst wenn der Teil mit dem Kind wegfällt, stört der Wecker meine Ruhe). Das fällt weg. Ich kann länger schlafen, gehe spät schlafen. Das entspricht viel mehr meinem und Laras Rhythmus. Und das macht so viel aus – wie ich derzeit bemerke. Und ich erledige Dinge, die ich lange hinausgeschoben habe. Hin und wieder gibt es natürlich schlechte Tage. Aber die sind sehr selten und gibt es auch ohne Corona.

Ich wüsste gar nicht, was ich jetzt ohne unseren kleinen Sonnenschein machen würde. Sie bringt so viel Leben in unseren Alltag, so viel Liebe, so viel Ehrlichkeit und verdammt viel Spaß (habt ihr schon mal versucht den Corona Virus anzurufen?). Was gibt es Schöneres als ein Lachen des eigenen Kindes? Nichts. DAS ist unbezahlbar und das wahre Glück im Leben. Vielleicht berichte ich mal von unserem Alltag in der Corona Zeit. Ich habe ja Tagebuch geführt, weil ich sonst alles vergesse (jetzt freut es mich auch nicht mehr), es ist ja doch eine sehr besondere Zeit, die wohl niemand vergessen wird.

Wie werden wir später auf diese Zeit zurück blicken? “Weißt du noch, damals als wir uns treffen wollten und das war illegal?“ Corona wird sicherlich das Wort des Jahres. Ich bin auch gespannt wie es mal in den Geschichtsbüchern stehen wird. Gerichte werden noch Jahre beschäftigt sein, Menschenleben werden für immer verändert sein. Ich wünsche mir für unsere Welt, dass sie etwas daraus lernt.

Ein Gedanke zu „Corona – Gedanken aus der Quarantäne.

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